ESG einfach erklärt

ESG steht für Environmental, Social, Governance und beschreibt ein Regelwerk für eine nachhaltige, umweltfreundliche sowie soziale Unternehmensführung. Anlegen nach ESG-Kriterien ist auf dem Vormarsch und nachhaltige Anlagen sind zu den Katalysatoren der Klimawende geworden. Hier erklären wir dir, was es mit ESG auf sich hat.

Was ist ESG?

Das Kürzel ESG besteht aus den Anfangsbuchstaben der englischen Wörter

  • Environment für Umwelt,
  • Social für Soziales und
  • Governance für Unternehmensführung.

Die Abkürzung steht für die ökologischen, sozialen und auf die Unternehmensführung bezogenen Nachhaltigkeitsaspekte von Gesellschaft und Wirtschaft. Der Begriff wurde 2005 an der Konferenz «Who Cares Wins» geprägt. Seither wurden Standards entwickelt, die ESG-Kriterien zur der Bewertung von Unternehmen definieren. ESG-Kriterien werden auch zur Selektion von Wertschriften wie Aktien oder Anleihen herangezogen.

Dafür steht ESG

Was sind ESG-Investitionen?

Im Gegensatz zu traditionellen Portfolios berücksichtigen ESG-Strategien die drei Faktoren Umwelt, Soziales und Unternehmensführung in der Portfolio-Zusammensetzung. Hierfür werden verschiedene Kennzahlen berücksichtigt.

E: Klimawandel steht im ESG-Anlegerfokus

Für die meisten nachhaltigen Anleger:innen steht die Klimaherausforderung im Vordergrund. Die Fondsmanager:innen des LLB Asset Management beurteilen potenzielle Investitionen daher anhand ihres Beitrages zum Klimawandel. Wir bei wiLLBe bevorzugen in erster Linie Unternehmen mit geringen CO₂-Emissionen resp. geringem Energieverbrauch. Ein geringer Wasserverbrauch und eine vorbildliche Abfallbewirtschaftung sind für die Nachhaltigkeit ebenfalls relevant.

Die ausgewählten Unternehmen

  • tragen entweder mit einem umweltfreundlichen Produktionsprozess unterdurchschnittlich zur Klimaerwärmung bei oder
  • bieten Produkte und Dienstleistungen an, die zur Lösung der Klimaherausforderung beitragen.

Für Unternehmen mit Produkten, die zur Lösung der Klimaherausforderung beitragen, sehen wir strukturelles Wachstumspotenzial. Das heisst, dieses Wachstum ist kaum abhängig von Wirtschaftszyklen, was sich in einer höheren Börsenbewertung niederschlagen sollte. Kurzfristig beeinflusst jedoch die Politik (beispielsweise mit der Taxonomie-Diskussion) die Geschäftsaussichten dieser Unternehmen. Einige Unternehmen leiden unter Lieferschwierigkeiten und höheren Inputkosten. Die Fondsmanager:innen des LLB Asset Management verfolgen dieses Spannungsfeld äusserst genau.

Konkrete Beispiele: Positiv screenen z. B. Unternehmen, welche die Energietransformation ermöglichen. Wir sehen beispielsweise Potenzial für ausgewählte Hersteller von Windkraftanlagen, Solarstromanlagen, geothermischen Anlagen oder für ausgewählte Wasserstoffproduzenten. Attraktiv bewerten wir zudem Unternehmen, die mit ihren Dienstleistungen die Effizienz der Stromnetze optimieren. Auch in der Industrie gibt es unseres Erachtens etliche interessante Geschäftsmodelle.

S: Die soziale Komponente von ESG-Investitionen: Aus weichen Faktoren werden Ausschlusskriterien

Ein wichtiger Teil der ESG-Analyse betrifft die soziale Komponente von Investitionen. Unternehmen fallen positiv auf, wenn ihre Massnahmen hinsichtlich Kundenzufriedenheit, Genderfragen und Vielfalt der Arbeitnehmer:innen überzeugen. Unternehmen, welche die internationalen Menschen- und Arbeitsrechte missachten, schliessen wir aus unserem Anlageuniversum grundsätzlich aus.

Konkrete Beispiele: Positiv fallen Unternehmen auf, die Bildung für niedrigere Einkommensschichten zugänglich machen wollen, was oft mit der Digitalisierung in Bezug gesetzt wird. Diesbezüglich kommen Unternehmen in Frage, die spezielle Ausbildungsangebote für Jugendliche finanzieren oder benachteiligten Menschen den Zugang zu Digitalisierung ermöglichen.

G: Aktionär:innen sollen ihren Einfluss ausüben

Den Fondsmanager:innen ist es ein Anliegen, dass die Interessen der Aktionär:innen mit jenen des Managements übereinstimmen. Bei der Unternehmensführung interessiert uns deshalb vor allem die Zusammensetzung des Verwaltungsrates und die Vergütung des Managements. Beachtung schenken wir auch der Zusammensetzung der Prüfungsausschüsse sowie den Massnahmen zur Bekämpfung von Bestechung und Korruption.

Aktionär:innen eines Unternehmens sollen im Rahmen ihres Engagements Einfluss auf das Unternehmen ausüben und dazu aktiv an den Generalversammlungen teilnehmen. Wir suchen auch den Austausch mit dem Management der von uns investierten Unternehmen.

ESG-Investitionen haben pro Jahr 20 % zugelegt

Seit der Jahrtausendwende haben nachhaltige Anlagen stark an Bedeutung gewonnen. In den vergangenen Jahren waren sie die wichtigsten Wachstumstreiber in der Vermögensverwaltung. Das UNO-Netzwerk UNPRI (UN Principles for Responsible Investing) quantifiziert nachhaltige Anlagen auf USD 121 Billionen. Seit 2006 lässt sich ein jährliches Wachstum von rund 20 % errechnen.

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Quelle: UN PRI, LLB (eigene Darstellung) 

Nachhaltige Anlagen mit stark steigendem Anteil am weltweiten Vermögen

Der Anteil nachhaltiger Anlagen am Gesamtvermögen ist im letzten Jahrzehnt deutlich gestiegen. Rund 42 % des europäischen Vermögens ist derzeit in nachhaltigen Anlagen investiert. In den USA beträgt dieser Anteil 33 %, in Kanada 61 %, in Australasien 38 % und in Japan 24 %.

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Quelle: Global Sustainable Investment Review 2020 

Der rückläufige Anteil für Europa (siehe Grafik) ist auf eine regulierungsbedingte Neudefinition nachhaltiger Anlagen zurückzuführen. Ohne Einführung der «Sustainable Finance Disclosure Regulation» 2019 läge der Anteil nachhaltiger Anlagen bei 50 % oder höher.

Wir sehen beim Anteil nachhaltiger Anlagen nach wie vor Potenzial. In den USA ist die Durchdringungsrate mit knapp über 30 % noch gering. Auch im reichen Japan dürfte sich der Anteil deutlich erhöhen. In Europa rechnen wir mit einem weiteren Anstieg. Das substanzielle Wachstum von ESG Investments dürfte sich in den nächsten Jahren fortsetzen.

Boom bei ESG-Investitionen während Pandemie

Der Bekanntheitsgrad von ESG Investing lag im Jahr 2021 gemessen am Google-Suchinteresse auf einem Allzeithoch. Bereits ab Januar 2019 – also rund ein Jahr vor Pandemiebeginn – wurde der ESG-Begriff mehr als je zuvor gesucht. Richtig an Schwung gewonnen hat er jedoch während der Corona-Pandemie.

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Quelle: Google, LLB (eigene Darstellung) https://trends.google.com/trends/explore?date=all&q=%2Fm%2F0by114h

ESG-Anlagen überzeugen durch geringere langfristige Risiken

Ein langfristiger Börsenerfolg setzt voraus, dass Investor:innen alle relevanten Chancen und Risiken berücksichtigen. ESG-Faktoren sind langfristige Chancen resp. Risiken und müssten eigentlich von jedem und jeder Investor:in in Betracht gezogen werden.

Beispiel: Wegen der Klimaerwärmung zeichnet sich in der EU ein Verbot von Verbrennungsmotoren bis 2035 ab, die schärfere Regulierung reduziert den Wert von Unternehmensaktiva wie

  • Lizenzen und Patenten der Autohersteller oder
  • dem Marktwert der Erdölvorräte von Ölfirmen.

Das EU-Verbot von Verbrennungsmotoren wird sich früher oder später in der Aktienbewertung der betroffenen Unternehmen manifestieren. Dieses Beispiel zeigt, dass ESG-Faktoren sich vor allem langfristig auswirken.

Traditionelle Anlagestrategien fokussieren aber oft zu stark auf die kurze Frist und erfassen diese ESG-Risiken nur teilweise. Das Ergebnis ist eine Fehlallokation von Kapital und damit ein volkswirtschaftlicher Schaden – sowie Verluste für die Anleger:innen. ESG-Strategien können das Anlagerisiko langfristig reduzieren.

Diese Risikoreduktion sehen wir als einen der zwei Hauptgründe, weshalb institutionelle (und zunehmend auch private) Anleger:innen nachhaltige Geldanlagen seit 2006 um jährlich 20 % emporschnellen liessen.

ESG-Regulierung: Mächtiger Treiber des Wachstums von ESG-Strategien

Als zweiten Hauptgrund für das jährliche Volumenwachstum von 20 % von ESG-Strategien sehen wir

  1. die immer dichter gewordene ESG-Regulierung und
  2. die zunehmende Vereinheitlichung in der Berichterstattung von nicht-finanziellen Kennzahlen von Unternehmen (z. B. CO₂-Emissionen).

In den nächsten Jahren erwarten wir eine weitere Zunahme der Regulierungsdichte und eine Standardisierung der Berichterstattung nicht-finanzieller Kennzahlen. Beides wird das Volumenwachstum nachhaltiger Anlagen stützen.

Performance: Nachhaltig schlägt traditionell – jedes Jahr

Der Performance-Vergleich von ESG-Investitionen mit nicht-nachhaltigen Anlagen fällt äusserst positiv aus. Mehrere wissenschaftliche Studien weisen darauf hin. Beispielsweise zeigten Timo Busch und Gunnar Friede in ihrer Metastudie 2018 eine hochsignifikant positive Beziehung zwischen der sozialen/ökologischen Leistung von Unternehmen und ihrer finanziellen Performance.

Die zwei Gründe dieser Outperformance:

  1. Unternehmen mit einem hohen ESG-Fokus haben eine geringere Gewinnvolatilität.
  2. Unternehmen mit einem hohen ESG-Fokus scheinen weniger anfällig für systemische Marktrisiken zu sein.

Diese zwei Attribute resultieren – in einem normalen Marktumfeld – in einer höheren Bewertung von Aktien.

Aus längeren Zeitreihen lässt sich beispielsweise ablesen, dass der nachhaltige Referenzindex MSCI Europa SRI den traditionellen MSCI Europa seit 2007 jedes Jahr hinter sich gelassen hat. Lediglich in 7 von 56 Quartalen hatte der nachhaltige Index eine schlechtere Performance als der traditionelle Index.

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Quelle: Bloomberg, LLB (eigene Darstellung)

Die Grafik zeigt, dass ESG-Strategien in Phasen, in denen der Markt Systemkrisen einpreist, auch leiden kann.

Nachhaltige Anleger:innen sind Katalysatoren der Klimawende

Banken finanzieren die Realwirtschaft entweder mit Fremd- oder Eigenkapital. Diese Kapitalquellen berücksichtigen zunehmend ESG-Kriterien, was die Klimawende begünstigt. Die Rolle nachhaltiger Anleger:innen kann deswegen nicht genügend betont werden. Für uns sind sie Katalysatoren der Klimawende.

Gemäss Berechnungen der Weltbank sollten bis 2030 USD 90 Billionen investiert werden, um die Klimaherausforderung anzugehen. Die Investitionen werden sich gemäss den Autor:innen lohnen, weil jeder investierte Dollar vierfach in Form von neuen Arbeitsplätzen und neuen Geschäftsopportunitäten zurückbezahlt wird. Die Swiss Banking Organisation schätzt, dass allein die Schweiz bis 2050 CHF 387 Milliarden (CHF 12.9 Milliarden p. a.) investieren muss.

Derart riesige Investitionsbeträge werden an der Börse Gewinner und Verlierer hervorbringen. Private Investor:innen können profitieren, wenn sie in die Gewinner dieses Transformationsprozesses investieren. Das LLB Asset Management investiert aus Überzeugung in diesen Transformationsprozess und steht dir als wiLLBe-Kund:in gerne zur Seite, um mögliche Gewinner zu identifizieren.

Was kommt als Nächstes? Von ESG Investing zu Impact Investing

Vor ein paar Jahrzehnten war das Akronym ESG nur wenigen Eingeweihten bekannt. Wie James Gifford in einem Interview  erklärt, handelten die ersten ESG-Investor:innen vor allem aufgrund ihrer persönlichen Werte. Zunehmend flossen finanzielle Aspekte in die ESG-Methodik ein. Das hat ESG unter den Investor:innen salonfähig gemacht und erklärt das Wachstum der letzten 15 Jahre.

Kontroverse Meinungen zu ESG Investing fehlen aber nicht. Tariq Fancy, früherer CIO von Blackrock, sieht ESG Investing als «gefährliches Placebo». Er ist zwar nicht der einzige Kritiker der ESG Investments, aber sicher der bekannteste. Der US-Finanzprofessor der NYU Aswath Damodaran bezeichnete ESG als «einen Fehler, der Unternehmen und Investoren Geld kosten wird, während er die Welt schlechter macht, aber der Gesellschaft mehr schadet als nützt».

Kritik an ESG Investing ist durchaus nachzuvollziehen. Je nach ESG-Strategie ist die Klimaperformance gewisser ESG-Strategien nicht wesentlich besser als die des Referenzindex MSCI Europe. Konkret sprechen wir den MSCI Europa SRI Index an: Hinsichtlich Temperaturpfad gibt es keine nennenswerten Unterschiede, aber hinsichtlich des Energieverbrauches weist dieser Index eine schlechtere Performance aus.

 MSCI EuropeMSCI Europe SRIMSCI Europe ESG Leaders
Impl. Temperaturpfad 1)2.1 °C 1.9 °C 1.9 °C
CO2-Emissionen 2)0.290.110.19
Energieverbrauch 3)1.782.971.00
1) Grad Celsius
2) Gramm CO2 (Scope 1 & 2) pro Dollar Marktkapitalisierung, täglich
3) in MW-Stunden pro USD Marktkapitalisierung pro Tag

Unterschied zwischen ESG und Impact

Verglichen mit traditionellen Anlagen wählen ESG-Strategien Unternehmen aus, die hinsichtlich bestimmter Ziele (z. B. CO₂-Emissionen oder Frauenanteil im Management resp. Verwaltungsrat) positiv auffallen. Doch wird ihnen zuweilen vorgeworfen, dass die ESG-Kriterien zu stark auf die eigenen ESG-bezogenen Risiken gerichtet sind.

Vor über 15 Jahren entstand deshalb die neue nachhaltige Strategie «Impact Investing». Impact-Investor:innen wollen ausgehend von ihren Prioritäten ein Ergebnis erzielen, das sich messen lässt und sich für Investor:innen auch auszahlt. Impact-Strategien fokussieren v. a. auf den Fussabdruck der Produkte resp. Dienstleistungen in Umwelt und Gesellschaft. Hierzu mehr in «Impact Investing - wiLLBes Pakt mit der Nachhaltigkeit».

Portrait Javier Lodeiro

Javier Lodeiro

Experte für Impact Investing bei wiLLBe

Egal, ob es um erneuerbare Energien, nachhaltige Anlagen oder Biodiversität geht, Javier Lodeiro behält den Durchblick. Als LLB-Fondsmanager und langjähriger Finanzanalyst verfolgt und analysiert er bei der LLB die Nachhaltigkeitstrends. Javier begleitet dich auf deinem Weg als Investor:in mit Impact gerne mit Hintergründen und praktischen Tipps, damit wir nachfolgenden Generationen gemeinsam eine möglichst intakte Welt übergeben können.