wiLLBe trifft Biodiversität

Biodiversität stellt sicher, dass die Natur uns alles bietet, was wir zum Überleben brauchen. Doch sie ist bedroht. Glücklicherweise gewinnt die schwindende Biodiversität in der Anlage- und Unternehmenswelt seit Kurzem stark an Bedeutung.

Biodiversität – unsere Lebensgrundlage

Biodiversität ist die Vielfalt des Lebens und das Ergebnis einer über drei Milliarden Jahre währenden Evolution. Biodiversität umfasst nicht nur die Vielfalt von Tier- und Pflanzenarten, Pilzen und Bakterien, sondern auch die Vielfalt der Ökosysteme von der Tiefsee über Feuchtgebiete, Gewässer und Wälder bis hin zum Hochgebirge. Darüber hinaus betrachtet die Biodiversität auch die genetische Vielfalt innerhalb der Arten (z. B. Unterarten und Sorten) sowie die Wechselbeziehungen innerhalb und zwischen den Arten und Lebensräumen. Ökosystemleistungen sind die Güter und Dienstleistungen, welche die Biodiversität insgesamt bereitstellt (Naturkapital).

Zu den für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung unverzichtbaren Ökosystemleistungen gehören unter anderem die Erzeugung von Atemluft, die Speicherung von CO₂, die Filterung von Wasser, die Bildung von fruchtbaren Böden, der Schutz vor Lawinen und Hochwasser, die natürliche Schädlingsbekämpfung, die Bestäubung von Blüten sowie die Produktion von Gütern (z. B. Fasern, Holz), Nahrungsmitteln und Wirkstoffen für Medikamente. Unser Leben verdanken wir der Biodiversität.

Biodiversität hat im letzten Jahrzehnt stark abgenommen

In den letzten 500 Mio. Jahren kam es immer wieder zum Aussterben von Spezies und damit zu einem Rückgang der Biodiversität. Diese Phasen fanden immer wieder an den Übergängen der Erdgeschichte von einem Zeitalter zum nächsten statt und dauerten mehrere Jahrtausende.

Infografik - Big Five
Quelle: https://ourworldindata.org/extinctions

In den nächsten Jahrzehnten droht der Rückgang der Biodiversität jedoch nie dagewesene Ausmasse anzunehmen. Der Bestand von Säugetieren, Vögeln, Fischen, Reptilien und Amphibien ist gemäss dem World Wildlife Fund zwischen 1970 und 2014 um 60 % zurückgegangen. Auch die Diversität der Pflanzen hat enorm gelitten, speziell in wohlhabenden Regionen.

Die folgende Grafik zeigt die in den Böden vorhandene Biodiversität. Vor allem in den dicht besiedelten Regionen Europas und Nordamerikas ist die Biodiversität der Böden stark geschrumpft.

Infografik - Biodiversität der Böden

Klimawandel und schwindende Biodiversität haben ähnliche Ursachen

Der Verlust an Biodiversität und die Klimaerwärmung sind zwei Seiten derselben Medaille: Die Treiber der schrumpfenden Biodiversität sind Klimawandel, Umweltverschmutzung, Verlust des Lebensraumes für Flora und Fauna, Bodenverödung und Verschlechterung der Wasserqualität.

Starke Wechselwirkung zwischen Biodiversität, Wirtschaft und Wirtschaftspolitik

Seit Jahrhunderten verdanken Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen der vorhandenen Biodiversität. Damals wie auch heute fliessen in ihre Kostenrechnung die Kosten für die Nutzung der Umwelt jedoch nicht ein. Anschauliche Beispiele hierfür sind die Luft- und Schifffahrt. Flugzeuge und Schiffe durchqueren die Lüfte und Meere, hinterlassen dabei verschiedene Emissionen (CO₂ und andere Abgase, Lärm) und zerstören die Biodiversität ohne Kostenfolgen. Das sind zwei plakative Beispiele – in den meisten Branchen sieht es nicht anders aus. Die erst vor kurzem verabschiedeten Klimagesetze versuchen dem entgegenzuwirken.

Auch die gegenwärtige Wirtschaftspolitik vieler Länder beeinträchtigt die Biodiversität mit Subventionen, die letzten Endes die Natur belasten. Landwirtschaftliche und industrielle Produktionsprozesse werden auch dann subventioniert, wenn sie der Umwelt nachweislich schaden und die biologische Vielfalt reduzieren.

Der Schutz der Biodiversität setzt eine neue finanzpolitische Weichenstellung voraus. Subventionen müssten konsequenterweise den Einfluss jedes einzelnen Sektors und Unternehmens auf die Umwelt berücksichtigen. Auswirkungen auf Steuern und Handelsabkommen müssten folgen. Simon Buckle von der OECD hat diese Schritte bereits beschrieben.

«Die Öffentlichkeit nimmt das Risiko Biodiversität noch nicht wirklich wahr. Das müssen wir ändern.»
Portrait Javier Lodeiro
Javier Lodeiro 
Experte für Impact Investing bei wiLLBe

Regulierung wird das Bewusstsein für Biodiversität verbessern

Die Öffentlichkeit nimmt das Risiko Biodiversität noch nicht so stark als Gefahr wahr. Im Oktober 2021 fand beispielsweise die Konvention für Biodiversität statt, ohne von der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden.

Die Regulierungsbehörden fangen erst jetzt an, ihr Augenmerk auf die Biodiversität zu legen. Unvergessen ist das 30x30-Ziel der G7 aus dem Jahr 2021, wonach 30 % der Landfläche und 30 % des Meeres bis 2030 geschützt sein sollten. Solche Ziele klingen in den Ohren der breiten Bevölkerung sehr gut. Allerdings müssen sie auch umgesetzt werden, und zwar ganz gezielt: Geschützt werden müssen Landstriche mit hoher Biodiversität, die womöglich in der Nähe von Agglomerationen liegen. Widerstände sind vorprogrammiert. Deshalb ist die Umsetzung des 30x30-Zieles wichtig. 2022 dürfte für die Biodiversität ein «Make or Break»-Jahr werden. Anhand des Fortschritts in der Biodiversität können wir interpretieren, wie ernst die Entscheidungsträger:innen die Anliegen der Umwelt nehmen.

Neue Offenlegungsvorschriften ab 2023 bieten Transparenz für Investor:innen

Damit Investor:innen und Unternehmen ein höheres Bewusstsein für Biodiversität entwickeln, muss via Offenlegungsstandards eine einheitliche Quantifizierung von Biodiversitätsrisiken definiert werden. Daran wird derzeit gearbeitet: Bis zum dritten Quartal 2023 soll die Taskforce on Nature-related Financial Disclosures (TNFD) ihren neuen Offenlegungsrahmen schaffen. Dieser Rahmen soll Unternehmen helfen, naturbezogene Risiken zu erfassen. Erfahrungsgemäss wird diese neue Offenlegung für Banken, Versicherer und Investor:innen ausschlaggebend sein. Die Biodiversität dürfte in Zukunft die Kapitalflüsse stärker als bisher beeinflussen. 2022 soll das Rahmenwerk in seinen Ansätzen bekannt gemacht werden.

Integration von Biodiversität in die wiLLBe-Anlagestrategien

Wir nehmen an, dass die schwindende Biodiversität in den nächsten Jahren eine ähnliche Bedeutung erlangen wird wie das ESG-Thema. Allerdings können Anleger:innen heute den Einfluss ihrer Investitionen auf die Biodiversität zu wenig beurteilen, weil die Tools fehlen.

Basis des oben erwähnten Rahmenwerkes dürfte die von der Natural Capital Finance Alliance und dem UNEP World Conservation Monitoring Centre (UNEP-WCMC) entwickelte ENCORE-Datenbank sein, die unter anderem von der Schweiz mitgeprägt wurde. Mit dieser Datenbank können Investor:innen die Auswirkungen von Umweltveränderungen auf die Wirtschaft besser verstehen und visualisieren. Dieses Tool steht allerdings noch nicht zur Verfügung.

Zwischen der Biodiversität und den Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen existiert durchaus eine Schnittmenge. Impact-Anleger:innen können als Annäherung in ausgewählte SDG investieren und die Biodiversität schützen. Carl Folke, Reinette Biggs und andere zeigen die Schnittmenge zwischen der Biosphäre und den SDG in der folgenden Grafik auf:

Infografik - Sustainable Development Goals und Biosphäre
Quelle: Semantic Scholar

wiLLBe-Investor:innen minimieren ihren negativen Einfluss auf die Biodiversität, indem sie sich für die Themen «Sauberes Wasser» (SDG 6 Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen; SDG 14 Leben unter Wasser), «Klimaschutz» (SDG 13 Massnahmen zum Klimaschutz) und «Nachhaltige Ressourcennutzung» (SDG 15 Leben an Land) engagieren. Auch das wiLLBe-Thema «Saubere Energie» unterstützt die Biodiversität.

In den nächsten Jahren werden Anleger:innen dank sich abzeichnender Regulierungen und Offenlegungsvorschriften den Einfluss ihrer Investitionen auf die Biodiversität besser abwägen können. wiLLBe wird diese Entwicklungen verfolgen und dazu nutzen, das Biodiversitätsrisiko noch stärker ins Zentrum unserer Anlageideen zu rücken.

Impact der wiLLBe-Themen «Sauberes Wasser», «Klimaschutz» und «Nachhaltige Ressourcennutzung»:

Traditionelle Finanzkennzahlen der wiLLBe-Themen «Sauberes Wasser», «Klimaschutz» und «Nachhaltige Ressourcennutzung»:

 MSCI World Durchschnitt von Herstellern
von Windkraftanlagen 1)
EBITDA-Gewinnmarge 2022E 20.3 % 26.0 %
Aktienbewertung EV/EBITDA 2022E 9.9x9.5x
Dividendenrendite 2022E 2.4 %1.8 %
1) für das gleichgewichtete Portfolio der wiLLBe-Empfehlungen per 24. Juni 2022
Portrait Javier Lodeiro

Javier Lodeiro

Experte für Impact Investing bei wiLLBe

Egal, ob es um erneuerbare Energien, nachhaltige Anlagen oder Biodiversität geht, Javier Lodeiro behält den Durchblick. Als LLB-Fondsmanager und langjähriger Finanzanalyst verfolgt und analysiert er bei der LLB die Nachhaltigkeitstrends. Javier begleitet dich auf deinem Weg als Investor:in mit Impact gerne mit Hintergründen und praktischen Tipps, damit wir nachfolgenden Generationen gemeinsam eine möglichst intakte Welt übergeben können.