Geldpolitik im Kreuzfeuer – wenn Präsidenten nervös werden
"Fed chief could be fired for fraud." – Als diese Worte des US-Präsidenten vergangene Woche durch die Presse gingen, hielt die Finanzwelt kurz den Atem an. Gemeint war Jerome Powell, Chef der US-Notenbank. Die Reaktion liess nicht lange auf sich warten. Aktien, Anleihen und der US-Dollar gerieten nach unten in Bewegung.
Doch was steckt dahinter – und was bedeutet das für Ihre Geldanlage?

Eine Einschätzung von Bernhard Schmitt, Leiter Equity & Multi Manager Management
Politik gegen Notenbank – ein wiederkehrendes Muster
So heftig die aktuellen Töne auch klingen – neu ist das nicht. Die Geschichte wiederholt sich. Jimmy Carter und Ronald Reagan hatten ihre Konflikte mit Paul Volcker. George H. W. Bush rieb sich an Alan Greenspan auf. Der Grund ist immer ähnlich: Präsidenten wollen schnelle wirtschaftliche Impulse und natürlich ihre Wiederwahl, sollte sie anstehen. Zentralbanken denken langfristig – mit Blick auf Inflation, Stabilität und Marktvertrauen.
Bushs berühmtes Fazit nach seiner Wahlniederlage 1992: "I reappointed him, and he disappointed me." Damals wie heute zeigt sich: Die Unabhängigkeit der Zentralbank ist kein theoretisches Konstrukt, sondern ein Schutzmechanismus. Sie ist wichtig für das Vertrauen in das Finanzsystem und die wirtschaftliche Prosperität.
Die Fed entscheidet nicht nach Bauchgefühl
Zinsschritte entstehen nicht im Weissen Haus, sondern im FOMC – dem geldpolitischen Ausschuss der Fed. Dort treffen sich alle sechs Wochen sieben Gouverneure und zwölf regionale Bankpräsidenten. Alle Gouverneure und die fünf der regionalen Präsidenten haben jeweils ein Stimmrecht. Die Mehrheit entscheidet. Die Basis jeder Entscheidung: Daten, Analysen, Szenarien. Keine persönlichen Befindlichkeiten. Kein politischer Druck.
Und das ist grundlegend: US-Präsidenten können Fed-Vorsitzende nominieren, sie können sie nur bei sehr groben Fehlverhalten absetzen. Meinungsverschiedenheiten sind sicherlich das ausreichende Fehlverhalten. Selbst ein dramatischer Ton aus Washington ändert nichts an der Struktur der Entscheidungen.
Märkte hören genau hin –sie wissen, worauf es ankommt
Die verbale Eskalation in Washington ist ernst zu nehmen – aber sie ändert nichts an der Struktur im Entscheidungsprozess der US-Fed. Zinsschritte bleiben Sache der Notenbank. Für Anlegerinnen und Anleger bedeutet das: Die Reaktionen der Märkte sind kurzfristige Ausschläge – keine dauerhafte Trendwende.
Was zählt, ist der systematische, mehrheitsgesteuerte Entscheidungsprozess – nicht die Lautstärke einzelner Stimmen.
Wie Sie jetzt richtig reagieren
- Vertrauen Sie auf Struktur und Finanzstabilität statt auf Schlagzeilen.
- Nutzen Sie die Volatilität gezielt – aber mit Strategie.
- Wählen Sie Qualitätsanlagen, die auch Turbulenzen standhalten.
- Steuern Sie Währungen aktiv – ein gewisser "Homebias" bei der Währung (Kaufkraft etc.) hat einen Wert.
- Bleiben Sie flexibel: Wenn sich die Faktenlage ändert, braucht es Handlungsspielraum.
Die Fed bleibt der ruhige Pol – auch wenn es draussen laut wird
Politik kann polarisieren – Märkte reagieren. Aber die Fed agiert auf Basis von Fakten, nicht von Emotionen. Wer heute die Rolle der US-Notenbank versteht, kann politische Nebengeräusche ausblenden – und fundierte Anlageentscheidungen treffen. Denn eines ist sicher: Stabilität entsteht nicht durch Applaus, sondern durch Prinzipien und aus Überzeugung.