Der Cost-Average-Effekt: Vor- und Nachteile der Durchschnittskostenstrategie
Eine Geldsumme auf einmal oder gestaffelt anlegen? Die Antwort darauf ist nicht ganz einfach. Klar ist: Beim langfristigen Vermögensaufbau ist ein gestaffeltes Investieren zu empfehlen, um vom Cost-Average-Effekt zu profitieren.
Inhaltsverzeichnis
Was ist der Cost-Average-Effekt?
Der Cost-Average-Effekt, auf Deutsch Durchschnittskosteneffekt, beschreibt den Effekt, der entsteht, wenn man sich dafür entscheidet, in regelmässigen Abständen zu investieren.
Je nach Marktlage ist der Kauf von Aktien mal günstiger, mal teurer. Durch regelmässiges Anlegen werden so die Marktschwankungen «geglättet». Das kontinuierliche Investieren maximiert so das Ertragspotenzial.
Wie kann man vom Cost-Average-Effekt profitieren
Im Verlauf eines Lebens wird häufig Geld gespart. Jeder muss entscheiden, was er oder sie mit dem Geld machen will. Zwei Möglichkeiten stehen im Vordergrund:
- Banksparen (z.B. Sparbuch): Die Bank finanziert mit deinem Ersparten Hypotheken und Unternehmenskredite, die nicht immer mit den eigenen Vorstellungen des Sparers im Einklang stehen. Als Sparer kannst Du kein Einfluss nehmen. Die Verzinsung entspricht zwar den Marktzinsen, die nicht ganz so tief wie vor zwei Jahren sind, aber noch immer bescheiden sind.
- Investieren: Alternativ kannst du dein Erspartes in ein breit diversifiziertes Portfolio investieren. Natürlich muss die gewählte Anlagestrategie den eigenen Zielen und der eigenen Risikofähigkeit entsprechen. Deine eigenen Wertvorstellungen kannst du im Portfolio einfliessen lassen.
Empfehlung 1: Investiere Dein Geld und erziele mittel- bis langfristig mehr Rendite als beim Banksparen
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass selbst defensive Anlagestrategien eine wesentlich höhere Rendite erzielt haben als das Sparen auf einem Sparkonto. Dies trifft auch dann zu, wenn am Vorabend von Krisen investiert wurde.
Hätten wir CHF 100 vor der Asienkrise 1998, vor der IT-Korrektur 2000 (.com-Blase), vor der Immobilien- und Finanzkrise 2008 oder vor der Coronakrise 2020 investiert, wäre die Performance kurze Zeit danach entgegen vielen Erwartungen doch positiv.
Entwicklung von unterschiedlichen CHF-Anlagestrategien seit 1997
In der obigen Grafik haben wir die bei der Liechtensteinischen Landesbank erhältlichen Anlagestrategien in Schweizer Franken (Festverzinslich, Konservativ, Rendite, Ausgewogen, Wachstum, Aktien) sowie das Sparkonto dargestellt.
Die gleiche Konklusion ist aber in anderen Referenzwährungen wie dem Euro und US-Dollar ebenso zu beobachten.
Darum: Lege dein Geld möglichst langfristig an!
Empfehlung 2: Staffele Deine Investitionen und fördere deine persönlichen und passenden Renditepotenziale
Sparer können die Investitionssumme
- auf einmal oder
- in mehreren Tranchen anlegen.
Eine Einmal-Anlage lohnt sich nur für jene Investoren, die garantiert das richtige Timing erwischen. Das gelingt selbst institutionellen Anlegern nicht regelmässig.
Verfehlen Einmal-Investoren den optimalen Zeitpunkt und kaufen sie zu den höchsten Einstandskursen, schmälern sie ihr Renditepotenzial. Als Konsequenz davon müssen sie bei Marktkorrekturen länger warten, bis die Erholungsrally die Buchverluste kompensiert.
Die Mathematik als Freund deines gestaffelten Investitionsverhaltens
Der Vorteil vom gestaffelten Investieren kommt wegen des Cost-Average-Effekts.
Dieser Effekt entsteht, wenn die Sparer stets den gleichen wiederkehrenden Betrag in Wertpapiere mit schwankenden Preisen investiert. Bei hohen Preisen, respektive Kursen, kaufen sie weniger Wertpapiere ein. Umgekehrt kaufen sie bei tieferen Preisen mehr Wertpapiere.
Dieses Vorgehen reduziert den durchschnittlichen Einstandskurs und somit das Risiko, den Kursschwankungen zu stark ausgesetzt zu sein.
Beispiel anhand der LLB-Anlagestrategie Rendite in Schweizer Franken
Als Beispiel zeigen wir zwei Investor:innen mit der Strategie «Rendite» in Schweizer Franken:
Der erste Investor kauft Wertpapiere gestaffelt in acht gleich grossen Tranchen jeweils am Quartalsende zwischen März 2006 und Dezember 2007. Er investiert insgesamt CHF 1'000, der durchschnittliche Einstandspreis der Wertpapiere beläuft sich auf CHF 166.20.
Der Einmal-Anleger investiert am Vorabend der Krise im Dezember 2007 insgesamt CHF 1'000. Der Einstandspreis beläuft sich auf CHF 170.20.
Das gestaffelte Vorgehen resultiert in einem geringeren durchschnittlichen Einstandskurs.
Strategie: CHF-Rendite | Gestaffeltes Investieren | Einmalanlegen |
---|---|---|
Einstandspreis | CHF 166.20 | CHF 170.20 |
Kurskorrektur (in %, Periode) | -20.5 %, Dez. 2007 - Feb. 2009 | -20.5 %, Dez. 2007 – Feb. 2009 |
Recovery-Zeit (Zeit der Erholung) | Feb. 2009 – Apr. 2010 oder 14 Monate | Feb. 2009 - Feb. 2012 oder 36 Monate |
Obwohl die Korrekturen an den Kapitalmärkten nach dem Dezember 2007 (Globale Finanzkrise) das Vermögen prozentual um den gleichen Betrag verringert, dauerte es für den Einmal-Anleger länger, bis er über den ursprünglich investierten Betrag verfügen konnte.
Die Investoren mit der gestaffelten Strategie warteten 14 Monate, bis ihre Buchverluste kompensiert wurden. Die Recovery-Zeit der Einmal-Investoren beträgt hingegen 36 Monate.
In diesem realen Beispiel zog ein Seitwärtstrend an den Kapitalmärkten die Wartezeit der Einmal-Anleger in die Länge. Auch in anderen Korrekturphasen beobachteten wir die geringere Recovery-Zeit von gestaffelt investierten Portfolios. Das gestaffelte Anlegen unterstützt den Performanceverlauf.
Empfehlung 3: Investiere auch in schwierigen Marktphasen und profitiere von tieferen Einstiegskursen
Gehen wir einen Schritt weiter: Ein konsequent gestaffeltes Investieren während einer schwierigen Marktphase reduziert die Einstandspreise der Wertpapiere und verbessert damit das Renditepotenzial.
Nehmen wir an, dass Investoren auch während der Finanzkrise 2007 regelmässig anlegen. Sie kaufen auch in der schwierigen Marktphase jährlich 10 % des ursprünglichen Investitionsbetrages aufgeteilt in 4 Transaktionen zum Quartalsende hinzu (CHF 25 pro Quartal).
Dieses Vorgehen drückt den Einstandspreis der Strategie CHF Rendite von CHF 166.20 auf CHF 163.04. Der Unterschied mag auf den ersten Blick nicht materiell sein. Es verkürzt aber die Recovery-Zeit von 14 Monaten auf 12 Monate.
Die gestaffelt vorgehenden Investoren werden schneller als die Einmal-Anleger im Gewinn sein, weil sie den durchschnittlichen Einstandskurs der Wertpapiere von CHF 166.20 per Dezember 2007 auf CHF 163.7 per Dezember 2009 drücken konnten.
Einmal-Anleger mit ihrer ohnehin längeren Recovery-Zeit verzichten darauf, die Einstandskurse zu reduzieren.
Fallender Durchschnittspreis beim gestaffelten Anlegen
Strategie: CHF-Rendite | Gestaffeltes Investieren | Einmalanleger:in | |
---|---|---|---|
Ursprünglicher Durchschnittspreis | CHF 166.20 | CHF 170.20 | |
Portfolio-Aufstockung um 2.5 % am 31.03.2008 | zum Kurs von CHF 160.53 | Keine Transaktion | |
Portfolio-Aufstockung um 2.5 % am 30.06.2008 | zum Kurs von CHF 150.98 | Keine Transaktion | |
Portfolio-Aufstockung um 2.5 % am 30.09.2008 | zum Kurs von CHF 153.36 | Keine Transaktion | |
Portfolio-Aufstockung um 2.5 % am 31.12.2008 | zum Kurs von CHF 140.78 | Keine Transaktion | |
Portfolio-Aufstockung um 2.5 % am 31.03.2009 | zum Kurs von CHF 137.34 | Keine Transaktion | |
Portfolio-Aufstockung um 2.5 % am 30.06.2009 | zum Kurs von CHF 148.24 | Keine Transaktion | |
Portfolio-Aufstockung um 2.5 % am 30.09.2009 | zum Kurs von CHF 158.92 | Keine Transaktion | |
Portfolio-Aufstockung um 2.5 % am 31.12.2009 | zum Kurs von CHF 162.55 | Keine Transaktion | |
Neuer Durchschnittspreis | CHF 163.69 | CHF 170.20 | |
Recovery Zeit (Zeit der Erholung) | Feb. 2009 – Feb. 2010 oder 12 Monate | Feb. 2009 - Feb. 2012 oder 36 Monate | |
Quelle: LLB |
Grafisch sieht das dann so aus:
Wir haben auch für andere Korrekturphasen die Recovery-Zeiten von gestaffelten Anlagestrategien und von Einmal-Anleger berechnet. Insgesamt kommen wir auf ähnliche Aussagen.
Empfehlung 4: Gehe bei risikoreichen Strategien gestaffelt vor
Risikoreichere Strategien mit einem höheren Aktienanteil haben auch ein höheres Korrekturpotenzial. Daher brauchen diese Strategien auch mehr Zeit, bis die Verluste kompensiert werden.
In diesen Fällen lohnt sich das gestaffelte Investieren, weil die Recovery-Zeit im Falle einer Kurskorrektur reduziert wird.
Vorteile und Voraussetzungen der Durchschnittskostenstrategie
Neben den Vorteilen wollen wir auch die Nachteile der Durchschnittskostenstrategie aufführen.
Vorteile vom regelmässigen Anlegen
- Die Durchschnittskosten-Strategie eignet sich besonders für Investoren, die erstmals investieren und sich möglichst geringe Einstiegskurse sichern wollen. Grundsätzlich ist diese Strategie für den Vermögensaufbau zu bevorzugen.
- Darüber hinaus eignet sich diese Strategie besonders für aggressivere Portfolios, weil die geringeren Einstiegskurse die Recovery-Zeit reduziert.
- Der Cost-Average-Effekt verbessert das Renditepotenzial besonders dann, wenn die regelmässigen Investitionen auch in schwierigen Marktphasen getätigt werden.
Voraussetzungen der Durchschnittskostenstrategie
- Der Cost-Average-Effekt kommt nur bei schwankenden Finanzmärkten besonders zur Geltung. In Seitwärtstrends kann die Investoren den Einstandskurs nicht substanziell reduzieren.
- Wie stark die Investoren von der Durchschnittskostenstrategie profitiert, hängt natürlich auch von der Erholung der Aktienmärkte nach einer Kurskorrektur ab. Ohne Kurserholung gibt es keinen Durchschnittskosteneffekt. Bis jetzt hat es diese Erholungen immer gegeben und Hand aufs Herz: Auch die Performance der Einmalinvestoren hängt von dieser Erholung ab.
- Die Investoren müssen den Mut aufbringen, auch in schwierigen Zeiten Geld zu investieren. Gerade das Investieren in wirtschaftlichen Umbruchphasen fällt nicht immer leicht.
Kriterien für erfolgreiche Anlagestrategien
In unserer langjährigen Rolle als Vermögensverwalter für private und institutionelle Kunden stellen wir immer wieder die folgenden Erfolgskriterien für erfolgreiches Investieren fest:
- Das Portfolio muss breit über Assetklassen und Währungen diversifiziert werden. Diversifikation ist das A und O jeder Anlagestrategie. Das gilt einerseits für Währungen, aber auch für Einzelanlagen.
- Insbesondere in der Phase des Vermögensaufbaus empfehlen wir regelmässig und gestaffelt zu investieren um, vom Cost-Average-Effekt zu profitieren. Die Staffelung der Einstandspreise optimiert das Renditepotenzial eines Portfolios. Die konsequente Umsetzung dieses Vorgehens auch in schwierigen Marktphasen erhöht das Renditepotenzial.
- Für alle Investoren muss die Risikofähigkeit sorgfältig eingeschätzt werden, welche die Anlagestrategie festlegt. Dort wird die für die Kunden optimale Mischung zwischen sicheren und riskanteren Anlagen bestimmt. Dazu gehört auch die Referenzwährung der Anlagen.